wer Farben wegnimmt, sieht besser.
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(03-2016)

Wenn Skizzen zu Zeichnungen und Zeichnungen zu Skizzen werden.

Nob, Bleistift auf Papier, Ende 70-er/Anfang 80-er Jahre, 59 x 42

Wer skizziert, zeichnet gleichzeitig. Eine Zeichnung ist aber keine Skizze. Wer gezeichnet hat, hat aber nicht gleichzeitig skizziert. Zeichnen und Skizzieren sind manuelle Tätigkeiten der freien Hand und führen meistens zu einer visuellen Befriedigung. Eine fertige und vollendete Skizze oder Zeichnung ist wie eine Geburt.  Skizzieren (engl. to sketch, to sketch out, to sketch sth. out, frz. croquis, lat. adumbrare) ist spontanes Agieren und Reagieren, wie beim Brainstorming, nur visuell. Wer zeichnet, führt eine skizzierte Idee fort und formuliert sie aus. Bilder entstehen aus Ideen, die sich an der Erscheinungswelt orientieren oder aus reinen, konkreten oder wagen Ideen bis zu  Gedankengebäuden entstehen. Einen Automatismus, weitgehend ohne Reflexion, sind oder vielmehr waren Zeichnungen des Informel und Tachismus – Zeichnungen, keine Skizzen. Die Concept Art dagegen kannte und kennt vorwiegend nur Skizzen.

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Wie sich die Bilder entwickeln, resultiert aus den Skizzen. Eine originäre Zeichnung braucht im Grunde eigentlich keine Skizze. (Es ist wie Liebe auf den ersten Blick.) Ein Bild und ein Gemälde schon eher. Durch Skizzen können Kompositionen getestet werden. Skizzen laufen schneller ab als eine Zeichnung. Eine Skizze kann aber zur Zeichnung deklariert werden, wenn der Autor sie als solche anerkennt. Eine Skizze ist flüchtig und mehr grob, eine Zeichnung definitiv, ausformuliert und auch feiner. Originär sind beide. Skizzen können stets korrigiert werden, wenn etwa Serien geplant sind.

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Kinder sind beide. Skizzen und Zeichnungen sind wie Bruder und Schwester, die Skizze ist die Mutter der Zeichnung. Beide tragen die gleichen Gene. Die Skizze steht für das Grobe, die Zeichnung für das Feine. Skizzen sind Annäherungsversuche für Zeichnungen. Flüchtige Ideen werden in Skizzen notiert. Ein Tagebuch für den Kreativen kann Skizzen oder auch schon Zeichnungen ausformulieren. Eine knappe Kurznachricht hat den Nachteil, dass sie nie eindeutig deklariert ist. Romane sind Zeichnungen, wie Kurzgeschichten. Eine Skizze ist eine Kurznachricht, eine Zeichnung ist eine Nachricht. Information sind beide.

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Eine Skizze ist eine kurze Geschichte, Zeichnungen erzählen mehr über das Wesen der Dinge. Entwürfe sind Skizzen. Ein Plan ist eine Zeichnung wie eine fixe Idee oder ein gefasstes Vorhaben. Zeichnungen sind mehr definitiv, Skizzen sind Vorschläge und spontane Geistesblitze. Fixe Ideen müssen reifen, durchdacht, ein Gebäude muss entstehen. Ein Campingplatz ist wie eine Skizze, eine Wohnsiedlung oder Stadtviertel wie eine Zeichnung.

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Es liegt im Ermessen des Autors, an der Sichtweise der Dinge, ob eine Skizze reif für eine Zeichnung ist oder die ausformulierte Zeichnung skizzenhafte Wesenszüge zeigen soll. Eine Skizze kann eine Zeichnung sein, denn so es der Autor will. Eine Zeichnung kann eine Idee skizzieren, wenn so es der Interpret versteht, die Exegese in die richtige Richtung zu lenken. Fährten können falsch oder treffend sein. Übertragung findet immer (visuell, sprachlich) statt. Es geht darum, tiefsinnige Übertragung zu induzieren. Dies geschieht in der Korrelation von visueller und sprachlicher Übertragung (im Bildtitel).

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Der Übergang von einer Skizze als Definition zur Zeichnung im eigentlichen Sinne hat kunsthistorische Wurzeln. Die Moderne geht neue, ungewohnte Wege. Kunst muss immer wieder neu formuliert und stets überdacht und in Frage gestellt werden. Der traditionelle Begriff der Zeichnung kann durch den der Skizze abgelöst und so ausgetauscht werden. Novität heißt auch neue Begriffsdefinitionen zu erfinden. Im Zuge der (neuen) visuellen Medien, dem Aufkommen und der Anwendung der Fotografie als autonomes Medium oder in der Werbekommunikation, erlangt die manuelle Erschaffung von Bildern einen nicht neuen, aber aufwertenden Stellenwert. Handwerk ist wieder und stets gefragt.

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Zeichnungen wurden bisweilen als Stiefkinder in der Kunst behandelt. Ein (großformatiges) Gemälde erzielt in der Regel einen höheren Verkaufspreis, etwa bei Auktionen, als eine Zeichnung oder gar eine Druckgrafik. Jäger und Sammler. Leinwand und Gewebe ist teurer als Papier. Dabei kann ein Gemälde durchaus auch grafische und zeichnerische Charakteristiken tragen.

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Das Wesen der Malerei, eines Gemäldes ist Farbe und Fläche. Das der Zeichnung der des Punktes, erweitert zur Linie, monochrom oder farbig. Flächen entstehen durch Umrissdefinition. Man kann auch mit dem Bleistift in verschiedenen Graustufen malen, was dem Wesen einer Zeichnung eigentlich widerspricht. Skizzen sind meist linear aufgebaut, dies liegt im Wesen der schnellen Fixierung einer Idee. Zeichnungen können linear und/oder flächenhaft und/oder anderweitig strukturiert komponiert werden.

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Ohne es zu wissen, beginnen Kinder bei den ersten Versuchen des Zeichnens zu skizzieren, weil das Darstellungsrepertoire noch nicht ausgeprägt ist. Später im Kunstunterricht wird durch die Zensur des Pädagogen/der Pädagogin versucht, der individuellen Entwicklung korrigierend einzugreifen. Ein Zeichenstil ist etwas individuelles, eine Handschrift, wie Kürzel bei der Stenografie und entwickelt sich in der Regel erst mit zunehmenden Alter, psychischer und geistiger Entwicklung und Erfahrung.

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Skizzen waren von je her die Vorstufen für Gemälde. Hier kann vor allem die Komposition ausgetestet werden. Komposition hat auch etwas Technisches an sich, Farbe ist mehr Intuition. Farben können Stimmungen und Launen widergeben und erzeugen. Kompositionen, was relationale Malerei betrifft, ist ein wenig Konstruktion, ein Austarieren von Gewichten (Goldener Schnitt). Die Farbe malt die konstruierte Kontur aus (gegenständliche Malerei). Abstrakte Malerei ist die Domäne von Harmonien, Disharmonien und evozierten Gefühlen und Stimmungen.

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Wer malt, zeichnet meistens auch, doch wird die Zeichnung weniger stark gewichtet als die Malerei. Wer zeichnet, malt meistens auch, dann ist die Malerei weniger ausgeprägt als das grafische Talent. Große Meister der Kunstgeschichte sind in jedem Metier zu Hause.  Es ist wie Mann und Frau, eine sinnvolle Ergänzung. Bei Pablo Picasso kann man eine Ausgewogenheit zwischen beiden Disziplinen feststellen. Es gibt aber auch ausgesprochene Zeichner (Grafiker), die so gut wie nicht malen, Beispiel: Horst Janssen.

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Das Wesen der Skizze ist Spontaneität und Schnelligkeit, das der Zeichnung Kalkül. Zufall versus Kalkül? Warum kann nicht auch eine Zeichnung auch rapide erfolgen? Wozu noch skizzieren?  Eine Zeichnung hat weniger Power, Gefühle auszudrücken als Malerei. Stimmung kann zwar erzeugt werden, es dominiert aber mehr die Ratio. Ob ein Aquarell zur Grafik oder schon zur Malerei gerechnet werden kann, da sind sich Kunstwissenschaftler auch nicht ganz einig.

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Das Leben kann grob skizziert werden, es zeichnet sich aber dann im Lauf und Verlauf ab. Zufall und Kalkül sind deren Begleiterscheinungen, können aber in schicksalhaftem Verlauf enden. Skizzen und Zeichnungen können auf optischem Wege projiziert werden. Es gibt auch „mechanische“ Zeichenhilfen, wie sie schon Dürer angewandt und dokumentiert hat. Zu optischen Vergrößerungen und Verkleinerungen eigenen sich eigentlich nur Zeichnungen, weniger Skizzen. Die Fotografie skizziert nicht mit Licht, sondern zeichnet mit Licht. Es ist ein dokumentarischer Zwangsprozess eines Realitätseindruckes mittels technischer Apparatur und optischen/physikalischen, chemischen, mechanischen, elektronischen Abläufen. Hat ein Foto hinreichend Zeichnung, bedeutet dies die Reichhaltigkeit an Bilddetails und Schärfe. (Eine harmlose Kamera scharf machen, heißt, sie einsatzbereit halten.)

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Jede Zeichnung (v. althochdt. zeicheunga „Kennzeichnung“, engl. drawing, frz. dessin, lat. pictura, linearis, imago)  kann nachgeahmt, kopiert und interpretiert werden. Kupferstecher beherrschten ihr Handwerk exzellent und virtuos. Dabei sind sich Druckstock/Druckplatte und Abzug nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern spiegelverkehrt identisch. (Bei den ersten Farbdruckern konnte man noch Banknoten kopieren. Doch diese Blütezeit ist vorbei, eine integrierte intelligente Software erkennt die filigranen Lineaturen der Scheine. Die Dokumente der Wertpapiere können zwar gefälscht werden, müssen aber gezeichnet werden.)

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Skizzen können den Status einer Zeichnung erlangen, wenn sie einen gewissen Grad an virtuoser Attitüde (Verve) zeigen und eine intelligente Sinnschicht aufweisen. Die visuelle und die intellektuelle Sinnschicht muss eine Symbiose eingehen, eine Art Scheinehe. Zeichnungen bedürfen im Grunde keiner Konsensfähigkeit seitens der Wissenschaft und Historie. Es ist das Ich des Zeichners, das sich im Bild darstellt, egal welcher Stil gewählt wird, egal ob gegenständlich oder abstrakt dargestellt wird. Das Thema der Zeichnung der Deutschen Romantik war die Szenerie der Natur in ihrer mannigfaltigen Erscheinung. Doch darüber hinaus sind diese Bilder Sinnbilder, Allegorien (archetypische Übertragung).

Symbole Pfeile (5)

Jede gegenständliche Zeichnung bedeutet gleichzeitig Übertragung, Übertragung von Sinnschichten. Ein Rätsel bleibt, wie die irdische Existenz und der Kosmos, die Intention des Autors zu deuten oder zu erraten. Man weiß nie oder nicht, welche psychische und geistige Potenz zum Zeitpunkt der Entstehung einer Zeichnung beim jeweiligen Autor vorherrschte. Übertragung findet immer statt. Somit wäre jede Zeichnung und jede Skizze authentisch. Zufall oder Kalkül? Bei abstrakten, nichtgegenständlichen Zeichnungen dominiert die Sprache der Gefühle. Eine Sinnebene kann der Zeichnung erst durch die Sprache (durch den Bildtitel) erfahren. Wird eine nichtgegenständliche Zeichnung nicht etikettiert, wird der Sinn nicht transparent, es ist dann im Grunde eine paranoide Bildfindung.

Symbole Pfeile (10)

Weniger gut skizzieren kann man am Computer. Vektorgrafiken werden eher konstruiert als gezeichnet. Es gibt Mal- und Zeichenprogramme, vektororientiert, pixelorientiert. Es bedarf viel Übung und auch Geschick um sich in ein Zeichenprogramm einzuarbeiten und es zu beherrschen. Eine manuell angefertigte Skizze oder Zeichnung geht wesentlich schneller von der Hand als die Konstruktion einer Vektorgrafik oder das pixelorientierte Zeichnen am Computer. Doch beides kann eine sinnvolle Symbiose eingehen, wenn etwa ein Cartoonist oder Illustrator eine manuell erstellte Zeichnung oder Skizze am Computer bearbeitet, verfeinert, ergänzt und so zur Reife bringt. Man muss nicht gleich ein Technisches Hochschulstudium (IT) und ein Designstudium hinter sich haben.

Symbole Pfeile (7)

Ein maßstabsgerechtes Modell könnte als eine Skizze und Zeichnung des Architekten betrachtet werden. Eine Architektenzeichnung resultiert aus Skizzen.  Selbstverständlich werden Entwürfe vorerst annäherungsweise skizziert. Der definitive Plan ist wie eine technische Zeichnung. In der Elektronik und Elektrik visualisieren Schaltpläne das Wesen der Apparatur.

Symbole Pfeile (4)

Tarnen und Täuschen sind nicht nur Taktiken des Militärs – die Vorlage liefert die Biologie im Tier- und Pflanzenreich. Die Zeichnung kann sich der Umgebung anpassen oder sich deutlich und vehement von ihr als Warnung unterscheiden.

Symbole Pfeile (2)

Unter der Überschrift von Finanzdokumenten firmiert die Unterschrift, die sozusagen einen Vertrag rechtsgültig macht. Manuell transferierte Überweisungen und andere Formulare im Zahlungsverkehr bedürfen einer Unterschrift, und der Deal ist perfekt.

usw.

Gemischt (3)

 

(Medien: PC, Festplatte, Gehirn. Windows ist aber behindert!)

 

 

 

 

Lichtbild, vergangene Zeit

 
 
"Das Glück wohnt nicht im Besitze und
nicht im Golde, das Glücksgefühl ist
in der Seele zuhause."
 
(Demokrit, 460 - 370 v.Chr.)